31. Januar 2024
Homöopathie: Zweites Beteiligungsverfahren startet in Kürze

Stuttgart, 1. Februar 2024. Vom 8. bis 29. Februar 2024 wird die Landesärztekammer Baden-Württemberg ein (zweites) Beteiligungsverfahren zur geplanten Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie durchführen: Die Öffentlichkeit wird in diesem Zeitraum Gelegenheit haben, sich auf der Website der Landesärztekammer über das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu informieren und es zu kommentieren.
„Die Homöopathie wird gerade in Baden-Württemberg in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert“, sagt Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. „Für viele Menschen im Land sind die Elemente der homöopathischen Medizin wichtige Bestandteile der Versorgung. Sie möchten im Rahmen der Behandlung nicht auf sie verzichten. Andere wiederum kritisieren, es fehle die wissenschaftliche Evidenz und damit eine nachgewiesene Wirksamkeit der Homöopathie. Beide Sichtweisen treffen bisweilen unversöhnlich und hart aufeinander“, so Dr. Miller weiter. Das gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren ermöglicht es Bürgerinnen und Bürgern, zur geplanten Streichung der ärztlichen Zusatzweiterbildung Homöopathie Stellung zu nehmen.
Zusatzweiterbildungen sind spezielle Qualifikationen, die Fachärztinnen und -ärzte in zahlreichen (in der Weiterbildungsordnung festgelegten) Bereichen erwerben können, beispielsweise Betriebsmedizin, Intensivmedizin, Geriatrie oder eben Homöopathie. Sie stellen jedoch keine Voraussetzung für Diagnostik und Therapie in diesen Bereichen dar.
Hintergrund der geschilderten Entwicklungen
Angestoßen hatte den Prozess eine Entscheidung des baden-württembergischen Ärzteparlaments (Vertreterversammlung der Landesärztekammer) vom Sommer 2022: Es hatte damals mehrheitlich dafür gestimmt, dass in Baden-Württemberg die Zusatzweiterbildung Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte gestrichen werden soll. Bevor diese Änderung allerdings in Kraft treten kann, war aus rechtlichen Gründen zunächst eine sogenannte Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen. Im Rahmen dieser Prüfung wurde – vereinfachend gesagt – abgeschätzt, welche Konsequenzen die geplante Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie aus der ärztlichen Weiterbildungsordnung für die ärztliche Berufsausübung hätte und ob dies angemessen und verhältnismäßig wäre.
Die Landesärztekammer wird nach Abschluss und Auswertung des Beteiligungsverfahrens das Pro und Contra einer Streichung der interessierten Öffentlichkeit vorstellen (siehe Hinweis unten); dieser Online-Termin findet am 27. März ab 14:00 Uhr statt
Bevorstehende Entscheidung des Ärzteparlaments
Die Ergebnisse der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der öffentlichen Anhörung sind dann auch Grundlage für die Vertreterversammlung der Landesärztekammer, voraussichtlich im Sommer 2024 ihre Entscheidung für oder gegen die Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie zu treffen. Das Sozialministerium als Rechtsaufsicht wird danach im Rahmen der Genehmigung der Satzungsänderung prüfen, ob die formalen Anforderungen eingehalten sind. – Aufgrund der Freiheit der ärztlichen Berufsausübung ist die Anwendung homöopathischer Verfahren in jedem Fall weiterhin möglich.
„Wir wissen, dass dieses Thema viele Menschen im Land berührt. Daher ist es dem Sozialministerium und auch der Ärzteschaft wichtig, dass wir bei allen diesbezüglichen Prozessen und Beschlüssen größte Sorgfalt und Umsicht walten lassen“, betont Kammerpräsident Dr. Miller.
Weitere Informationen
Die Landesärztekammer hat auf ihrer Website eine Rubrik eingerichtet, in der wichtige Fragen und Antworten zur geplanten Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie eingesehen werden können: www.aerztekammer-bw.de/homoeopathie.
Auf Initiative einiger Landesärztekammern und der Bundesärztekammer haben bisher 14 von 17 Landesärztekammern die Zusatzweiterbildung Homöopathie aus ihren Weiterbildungsordnungen gestrichen. In den Bundesländern Baden-Württemberg, Sachsen und Rheinland-Pfalz ist die Zusatzweiterbildung Homöopathie derzeit noch Bestandteil der ärztlichen Weiterbildungsordnung.
Zum Start des zweiten Beteiligungsverfahrens am 8. Februar wird die Landesärztekammer weitere Informationen – auch zu zentralen Ergebnissen der Verhältnismäßigkeitsprüfung – bereitstellen.
Rechtlicher Hintergrund: Für die geplante Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Baden-Württemberg gelten enge rechtliche Vorgaben. So ist vor der Einführung neuer oder der Änderung bestehender Vorschriften, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen (§ 9a Heilberufe-Kammergesetz in Verbindung mit der Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen). Dabei sind Entwürfe von Vorschriften, mit denen neue Vorschriften nach § 9a Heilberufe-Kammergesetz eingeführt oder bestehende Vorschriften geändert werden, zur Information von betroffenen Interessenträgern sowie Dritten zu veröffentlichen. Allen Betroffenen ist dabei Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt darzulegen. Ferner ist eine sogenannte „öffentliche Anhörung“ durchzuführen („Relevant und angemessen ist eine öffentliche Anhörung, wenn der Regelungsgegenstand der Vorschrift von hohem öffentlichen Interesse ist oder grundlegende Bedeutung entfaltet“).