09. Januar 2024
Wichtige Stellschraube zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten

Landkreis Rottweil, 10. Januar 2024. Ende November 2023 wurde der neue Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin im Landkreis Rottweil gegründet. Er vervollständigt in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg die bereits bestehenden, angrenzenden Weiterbildungsverbünde Tuttlingen und Schwarzwald-Baar-Kreis, sodass langfristig die ärztliche Primärversorgung im ländlichen Raum ein zusammenhängendes Gebiet erfasst – gewissermaßen ein „Rottweiler Narrensprung“ hin zum notwendigen Lückenschluss.
Einen Sprung nach vorne zu einem besseren ärztlichen Versorgungsgrad (aktuell bei 76,3 Prozent im Mittelbereich Rottweil) erhoffte sich auch Dr. H.-Joachim Adam, Dezernent für Gesundheit und Ländlichen Raum des Landratsamts Rottweil. Er sah in der Verbundweiterbildung eine wichtige Stellschraube zur Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten für die Region: Parallel zur Gründung von Weiterbildungsverbünden sei insbesondere von der Entwicklung einer „Modellregion“ als Bindeglied zwischen Ausbildung und Weiterbildung in der landärztlichen Medizin mittelfristig eine Verbesserung zu erwarten. Zur Charakteristik des Landkreises Rottweil gehört für ihn eine vielfältige Kliniklandschaft, auch wenn es kein Kreisklinikum mehr gibt. Das Zustandekommen der Verbundweiterbildung sei auch ein Verdienst der Initiative der Kreisärzteschaft Rottweil unter dem Vorsitz von Dr. Jochen Scherler.
Die Präsidentin der Bezirksärztekammer Südbaden, Dr. Paula Hezler-Rusch, erläuterte die Vertragsinhalte der Kooperationsvereinbarung Verbundweiterbildung Allgemeinmedizin Landkreis Rottweil und stellte die Kooperationspartner vor. Für die beiden wesentlichen Klinikstandorte unterzeichneten die Vereinbarung Dr. Kai Mehlhase, Ärztlicher Direktor an der Helios Klinik Rottweil, sowie der Geschäftsführer des SRH-Krankenhauses in Oberndorf, Dr. Andor Toth. Als weiterer Unterzeichner der Kooperationsvereinbarung fungierte Dr. Gebhard Pfaff von den Regiodocs Schramberg als Repräsentant der im Landkreis Rottweil niedergelassenen Ärzteschaft von 16 Praxen, denen 23 weiterbildungsbefugte Ärzte entsprechen. Besonders bemerkenswert ist die breite fachärztliche Streuung der dem Weiterbildungsverbund beigetretenen Praxen: Dazu gehören neben der Allgemeinmedizin und Inneren Medizin die Fachgebiete Orthopädie, Gynäkologie, Chirurgie sowie Kinder- und Jugendmedizin.
Es kann nicht genug betont werden, dass die Kooperationspartner sich als zugelassene Weiterbildungsstätten an der Weiterbildung im Gebiet Allgemeinmedizin beteiligen und mit der Kooperationsvereinbarung das gemeinsame Ziel verfolgen, Ärztinnen und Ärzte mit dem Berufsziel Allgemeinärztin oder Allgemeinarzt in der Region des Landkreises Rottweil die Perspektive zu eröffnen, innerhalb von fünf Jahren im Rahmen eines abgestimmten Curriculums die Zulassung zur Facharztprüfung zu erlangen. Angesichts des zunehmenden Ärztemangels und der bekannten Altersstruktur in der hausärztlichen Versorgung sehen diese sich in der Pflicht, sich stärker in der Heranbildung des ärztlichen Nachwuchses in der hausärztlichen Versorgung zu engagieren.
Es bedarf nicht nur des Zusammenspiels vieler Akteure für den Abschluss einer solchen Kooperationsvereinbarung, sondern auch entsprechender Angebote, um die Weiterbildung Allgemeinmedizin in Baden-Württemberg attraktiv zu gestalten, die Dr. Martina Bischoff, Lehrkoordinatorin Allgemeinmedizin, und Prof. Dr. Andy Maun, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Universitätsklinik Freiburg, für das Kompetenzzentrum Weiterbildung Baden-Württemberg (KWBW) Verbundweiterbildungplus vorstellten. Hier sind neben den Weiterbildungsverbünden beispielsweise Train-the-Trainer-Seminare für Weiterbilder, Mentoring-Programme, die Institute für Allgemeinmedizin mit einer strukturierten, qualitätsgesicherten Weiterbildung sowie unabhängige Seminarprogramme zu nennen. Der entscheidende Vorteil und wichtigste Aspekt des KWBW Weiterbildungsverbund Allgemeinmedizin zur Sicherung einer langfristigen Primärversorgung liegt für Prof. Dr. Maun in der Stärkung der Intersektoralität, also einer sektorenverbindenden Zusammenarbeit, die auch die Förderung der hausärztlichen Identität sowie eine gute Vernetzung umfasst.