17. November 2025
Vertreterversammlungen der Bezirksärztekammern

Wie lässt sich der Gesundheitssektor in angespannten Zeiten stabilisieren? Was bewegt die Ärzteschaft und wie kann sie sich einbringen, um die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten? – Diese und weitere Themen beschäftigten die Vertreterversammlungen der vier baden-württembergischen Bezirksärztekammern in diesem Jahr intensiv. In ihren aktuellen Lageberichten griffen die vier Präsidentinnen und Präsidenten unter anderem die Einbindung der Ärzteschaft im Krisenfall und aktuelle gesundheitspolitische Entwicklungen auf. Zudem zeigten sie die vielfältigen Aktivitäten der Kammern vor Ort auf und schufen Grundlagen für nachfolgende Debatten und Beschlüsse.
Alle vier Präsidentinnen und Präsidenten setzen einen ersten Schwerpunkt beim Thema „gerüstet sein für den Notfall“: In Stuttgart sprach Dr. Jürgen de Laporte, Präsident der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, über die Anforderung, verteidigungsfähig zu werden. Hier seien für die Ärzteschaft Strukturvernetzungen auf verschiedenen Ebenen vorteilhaft und könnten auch im zivilen Sektor – nämlich im Katastrophenfall – nützlich sein. Nordbadens Präsident Prof. Dr. Christof Hofele sprach in Karlsruhe über Herausforderungen bei der zivil-militärischen Zusammenarbeit sowie beim Katastrophenschutz. Südbadens Kammerpräsidentin Dr. Paula Hezler-Rusch hob in Freiburg hervor, dass Nationalismus und hybrider Krieg zur Realität gehörten, der man sich stellen müsse. Sie betonte aber auch Hoffnungsvolles, schließlich lebe man in Deutschland in einer Demokratie. Dr. Sophia Blankenhorn, die Präsidentin der Bezirksärztekammer Südwürttemberg, stellte in Reutlingen das von der Kammer durchgeführte „Blitzlicht-Seminar „Krisen- und Katastrophenmedizin“ vor und betonte: Diskussionen zum Thema „Krisenfall“ seien herausfordernd, würden von der Ärzteschaft aber mit gegenseitiger Wertschätzung und „Verständnis für die andere Seite“ geführt.
Aber auch „abseits der Sicherheitspolitik“ gibt es Herausforderungen, denen sich die Ärzteschaft stellen muss. Dr. de Laporte sprach über steigende Arbeits-Anforderungen für die Ärzteschaft, was aber nicht mit einer Steigerung der Arztzeit einhergehe. Daher sei gegebenenfalls eine (bessere) Fokussierung auf Haupt- und Nebenziele geboten. Prof. Hofele ging auf die Reform der Notfallversorgung auf der Basis eines Gesetzentwurfs des Bundesgesundheitsministeriums ein; dabei unterstrich er die Veränderungen im Vergleich zum Entwurf der letzten Legislaturperiode. Dr. Hezler-Rusch führte ihren Delegierten die schleppend voranschreitende Digitalisierung im Gesundheitssektor vor Augen. Nach wie vor gebe es viele Probleme in Sachen Software, TI-Anbindung und Interoperabilität. Dr. Blankenhorn fasste den Reformprozess der neuen Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte (GOÄ) zusammen. Es liege alles auf dem Tisch, die Bundesregierung müsse sich endlich an die Umsetzung machen.
Wie kammerseitig Gesundheitspolitik mitgestaltet wird und zur Stabilisierung der Verhältnisse beiträgt, war ebenfalls ein wichtiger Punkt bei den Vertreterversammlungen. Dr. de Laporte sprach über den MFA-Fachkräftemangel und erwähnte, dass die Kammer unter anderem bei Ausbildungsmessen in Nordwürttemberg Präsenz zeigt. Um junge ärztliche Kolleginnen und Kollegen für den Beruf – und gezielt für die Niederlassung – zu begeistern, sei das „Speed-Dating-Format“ an den Start gegangen. Hier könnten in lockerem Austausch Themen wie „Praxiseinstieg“ oder „Praxisübernahme“ besprochen werden. In Nordbaden wurden die umfangreichen Kammeraktivitäten in Sachen ärztliche Weiterbildung aufgezeigt. Hierbei bekamen Delegierten auch einen Überblick über den Antragsstand in diesem Bereich. Dr. Hezler-Rusch rief den Delegierten in Erinnerung, dass die Verantwortung für die Durchführung von Kenntnisprüfungen seit Februar 2025 bei der Ärztekammer liegt und die Bezirksärztekammer Südbaden als „Zentrale Stelle Kenntnisprüfung“ landesweit das Prüfungsgeschehen organisiert. Dies leiste einen wichtigen Beitrag, um ausländische Kolleginnen und Kollegen in die hiesige Versorgung zu integrieren. Dr. Blankenhorn gab den südwürttembergischen Delegierten hingegen ein Update zu den erfolgreich eingeführten Weiterbildungsgesprächen vor Ort. Zudem stellte sie den gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg verfassten Leitfaden zur Gründung von Weiterbildungsverbünden vor. Dieser dürfte die Karriereeinstiege und -planungen vieler jungen Kolleginnen und Kollegen erleichtern.
