21. November 2025

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Dialog mit Politik

„Praktisches Jahr“ war Thema im Wissenschaftsausschuss

Dr. Miller als Experte im Aussschuss des Landtages BW© LTBWDr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, spricht als Experte im Landtags-Ausschuss.

Das Praktische Jahr (PJ) ist ein zentraler Bestandteil des Medizinstudiums. In dieser Zeit arbeiten Studierende unter ärztlicher Anleitung, um praktische Fähigkeiten am Patienten zu vertiefen.

An den Bedingungen für PJ-Studierende regt sich jedoch Kritik. Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg und in eigener Praxis niedergelassen, war deshalb als Experte zur öffentlichen Anhörung im „Ausschuss Wissenschaft, Forschung und Kunst“ des baden-württembergischen Landtags eingeladen. Zudem brachte Dr. Jörg Woll, Vizepräsident der Bezirksärztekammer Südbaden und Krankenhausarzt, weiteren Input ein, wie die Situation der PJ-Studierenden verbessert werden könnte.

Kritikpunkte am PJ

Welche Kritikpunkte gibt es? Medizinstudierende bemängeln etwa die ihrer Meinung nach restriktiven Fehlzeitregelungen, die Krankheitsfälle und soziale Härten wie beispielsweise chronische Krankheit oder Pflegearbeit für Angehörige nur unzureichend berücksichtigen. Zudem fordern die Medizinstudierenden einen ausreichenden und verpflichtenden Mindestabstand zwischen dem Ende des Praktischen Jahrs und dem dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung. Bislang falle dieser für die Prüfungsvorbereitung elementar wichtige Zeitabschnitt regelmäßig zu kurz aus.

Als systemischer Missstand wird außerdem die Aufwandsentschädigung im Praktischen Jahr angesehen. Gemäß Ärztlicher Approbationsordnung dürfen die im Praktischen Jahr gewährten Geld- oder Sachleistungen den BAföG-Satz nicht überschreiten. In der Folge decken die von den Lehrkrankenhäusern und -praxen gewährten Mittel den finanziellen Bedarf der Medizinstudierenden oft nur unzureichend. Zumal, wenn für das Praktische Jahr ein Wohnortwechsel nötig ist.

Kammerpräsident Dr. Miller führte den Ausschussmitgliedern vor Augen, welche Bedeutung das Praktische Jahr für die Ausbildung der künftigen Kolleginnen und Kollegen hat. Zugleich hob er die Rolle der Medizinstudierenden in der Patientenversorgung hervor. Aufbauend auf einer entsprechenden Entschließung der Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg und gleichgerichteten Beschlüssen des Deutschen Ärztetags 2025 unterstützte er die von den Medizinstudierenden vorgebrachten Kritikpunkte. Insbesondere beim Punkt „Aufwandsentschädigung“ erinnerte er die Ausschussmitglieder daran, welche Entschädigung das Land beispielsweise seinen Lehramts- oder Rechts-Referendarinnen und Referendaren gewährt.

Dr Jörg Woll als Experte bei einer Anhörung im Landtag BW© LTBW
Dr. Jörg Woll, Vizepräsident der Bezirksärztekammer Südbaden, war ebenfalls als Experte zur Anhörung geladen


Finanziellen Druck der Medizinstudierenden mildern

Für Dr. Miller wäre es gerecht und angemessen, wenn dies gesetzlich als Referenzgröße eingezogen und so der finanzielle Druck der Medizinstudierenden gemildert würde. Zudem stellte er heraus, dass eine gesetzlich definierte leistungsgerechte Aufwandsentschädigung ein Baustein in der Fachkräftesicherung insbesondere im ländlichen Raum darstellen könnte. Schließlich wisse man aus Erfahrung, dass Studierende ihre erste reguläre ärztliche Stelle oftmals am Ort des PJ antreten, so der Kammerpräsident.

Dr. Jörg Woll betonte, PJ-ler seien zwar weiterhin Studierende, hätten aber doch einen anderen Status als ihre Kommilitonen im ersten und zweiten Abschnitt. So seien sie weisungsgebunden in die Arbeitsorganisationen der Kliniken eingegliedert und würden als Beschäftigte gelten – inklusive Arbeit in Vollzeit. Aber Krankmeldungen und Urlaube würden von den Kliniken anders gehandhabt als bei den übrigen Beschäftigten. Und die Aufwandsentschädigungen würden die Lebenshaltungskosten in den zumeist teuren Universitätsstädten nicht abdecken. Auch Dr. Woll forderte daher Änderungen an der Aufwandsentschädigung für PJ-Studierende: Diese müsste unter anderem einheitlich und angemessen sein und sich an der Stellung und Leistung von (in der Regel ganztägig an allen Wochenarbeitstagen) im Krankenhaus tätigen Personen orientieren.

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Kostenlose Kammermitgliedschaft im Praktischen Jahr (PJ) 

Personen, die sich in Baden-Württemberg in der ärztlichen Ausbildung im Praktischen Jahr nach Paragraf 3 der Approbationsordnung für Ärzte befinden, steht der freiwillige Beitritt zu derjenigen Kammer offen, in der sie nach Abschluss der jeweiligen Ausbildung Mitglied wären.

Weitere Informationen: https://www.aerztekammer-bw.de/pj