02. Oktober 2025

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Gremienarbeit

PID-Ethikkommission hat sich neu konstituiert

Arzt und Patient geben sich die Hand - beide vertrauen sich.© Adobe Stock / Freedomz

Die Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg (kurz: PID-Ethikkommission) – eine gemeinsame Kommission der Länder Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen – hat die Aufgabe, Anträge auf Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik zu bewerten. Nun ist das Gremium – in neuer personeller Besetzung – in eine neue Amtszeit gestartet. In der konstituierenden Sitzung wählten die Mitglieder die Humangenetikerin Dr. Ute Grasshoff (Universitätsklinikum Tübingen) zur Vorsitzenden. Die Sachverständige der Fachrichtung Recht, Prof. Dr. Friederike Wapler, Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Öffentliches Recht, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, wurde zur ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden wählten die Kommissionsmitglieder den Sachverständigen der Fachrichtung Ethik, Dr. Ulrich Arndt Schneider, Lehrstuhl für angewandte Ethik, FSU Jena.

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Präimplantationsdiagnostik nur ausnahmsweise und nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein hohes Risiko für eine schwerwiegende Erbkrankheit besteht. Ferner darf die PID nur an speziell zugelassenen Zentren durchgeführt werden.

Die PID bietet die Möglichkeit, einen außerhalb des Körpers – durch künstliche Befruchtung – erzeugten Embryo vor dessen Implantation in die Gebärmutter genetisch auf eine in der Familie bereits bekannte Chromosomenstörung oder erbliche Erkrankung untersuchen zu lassen. Hierbei muss der genetische Defekt schwerwiegend und das Risiko des Auftretens beim Kind hoch sein; in der Regel führen entsprechende erblich bedingte genetische Variationen zu Krankheit, Behinderung oder gar einer Fehl- oder Totgeburt. Die PID-Ethikkommission überprüft und diskutiert die vorliegenden Voraussetzungen des individuellen Paares. Sie stimmt dem jeweiligen Antrag der Eltern auf Durchführung einer PID zu oder lehnt ihn ab.

„Bei der Präimplantationsdiagnostik geht es um grundsätzliche Lebensfragen“, sagt Dr. Wolfgang Miller, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg. „Daher lassen die Kommissionsmitglieder bei ihren Beratungen neben medizinischen auch psychologische, soziale und ethische Aspekte mit einfließen. Die bewusst interdisziplinäre Aufstellung der Kommission trägt dieser Anforderung Rechnung.“

Die weiteren Kommissionsmitglieder sind Dr. Birgit Leuchten, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe (Kinderwunschzentrum Dresden), Prof. Dr. Michaela Nathrath, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin (Klinikum Kassel) und Prof. Dr. Wolfgang Eirund, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (Fachklinik Katzenelnbogen). Sebastian Petzold, Mitglied im sächsischen Landesbeirat für Inklusion der Menschen mit Behinderungen, vertritt die Interessen der Selbsthilfe der Menschen mit Behinderungen. Kerstin Gieser, Geschäftsführerin des Gesundheitstreffpunkts Mannheim, nimmt als Vertreterin die Interessen der Patientinnen und Patienten wahr.

PID-Ethikkommission wirkt seit zehn Jahren

Die länderübergreifende PID-Ethikkommission hatte sich erstmals im Jahr 2015 konstituiert und wurde gemäß Staatsvertrag bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg eingerichtet. Die Mitglieder und deren Stellvertreter werden für die Dauer von fünf Jahren berufen und können einmal wiederberufen werden. Eine Wiederberufung erfolgte 2020, so dass nun für die dritte Amtsperiode (2025 bis 2030) neue PID-Gremiumsmitglieder ihre Arbeit aufnehmen. Die neuen Mitglieder und deren Vertreter waren zuvor nach Beteiligung der jeweils zuständigen Landesärztekammern im Einvernehmen mit den beteiligten Ländern benannt und von der Landesärztekammer Baden-Württemberg berufen worden.

„Die PID-Ethikkommission hat in ihrem zehnjährigen Wirken bewiesen, dass sie trotz der schwierigen Thematik routiniert und erfolgreich arbeitet – das ist erfreulich“, bilanziert Dr. Miller. „Vor allem freut es mich für diejenigen, denen die Kommission Wege aus belastenden Situationen aufzeigen konnte.“ Jeder der Kommission vorgetragene Fall sei einzigartig in seinem Verlauf und den zu prüfenden Aspekten, so Dr. Miller weiter. Folglich sei es unmöglich, die Arbeit der Kommission zu verallgemeinern oder Anträge nach „Schweregrad“ oder „Erfolgsaussicht“ zu klassifizieren. Jeder Fall habe seine eigene Geschichte; hinter jeder Geschichte stehen menschliche Schicksale. In den vergangenen zehn Jahren habe die PID-Ethikkommission sich in insgesamt über 40 Sitzungen mit über 440 Anträgen befasst; eine stolze Zahl, die die hohe gesellschaftliche Relevanz des Gremiums zeige.

Kostenerstattung für die PID gewähren

Die Präimplantationsdiagnostik selbst ist ein aufwändiges und langwieriges Verfahren. Nach der künstlichen Befruchtung erfolgt die eigentliche genetische Untersuchung des Embryos; zuvor und danach sind individuelle humangenetische Beratungen notwendig. Darüber hinaus können beispielsweise auch die Kryokonservierung von Embryonen sowie weitere Arbeitsschritte erforderlich sein. Je nach Einzelfall sowie Umfang der Maßnahmen und Untersuchungen kann die Präimplantationsdiagnostik mehrere tausend Euro kosten, die privat zu tragen sind.

Dr. Miller gibt zu bedenken: „Häufig entscheiden sich Paare im Verlauf der Beratung gegen eine PID. Die Zahl der Anfragen interessierter Paare ist deutlich höher als die Antragszahlen. Als mögliche Gründe kommen neben Kostenfragen und den engen gesetzlichen Grenzen des Embryonenschutzgesetzes auch die Ungewissheit des Erfolgs in Anbetracht des Aufwands und der Risiken der Behandlung infrage.“ Aus ärztlicher Sicht sollten daher alle nur denkbaren Maßnahmen getroffen werden, betroffenen Paaren den Weg zur PID zu ebnen, betont der Kammerpräsident: „Schon der Kindeswunsch einerseits und die Möglichkeit eines genetischen Defekts andererseits verunsichern Betroffene zutiefst. Das Dilemma wird umso größer, wenn auch noch die Kosten eine Rolle bei der Entscheidung spielen. Daher wäre eine Kostenerstattung in der gesetzlichen beziehungsweise privaten Krankenversicherung wünschenswert.“

Mehr Informationen zur Präimplantationsdiagnostik und zur Arbeit der PID-Ethikkommission gibt es auf der Website der Landesärztekammer Baden-Württemberg.